In 150 Jahren stets auch ein Zirkus gewesen
von Backnanger Kreiszeitung
SPD feiert Parteijubiläum im Zirkuszelt
Volles Zelt bei der Jubiläumsfeier
„Wenn Menschen mit unterschiedlichen Fähigkeiten und Begabungen sich zusammen tun, um ein Programm aufzustellen, mit dem man dann von Ort zu Ort zieht, dabei um die Gunst des Publikums buhlt und oft erleben muss, dass die Konkurrenz lang eingeübte Nummern immer wieder nachmacht, dann nennt man das einen Zirkus. Manche sagen auch SPD dazu“, erklärte der „Zirkusdirektor“ und SPD-Kreisvorsitzende Jürgen Hestler den Besuchern im voll besetzten Zirkusrund. Die SPD sei in ihrer langen Geschichte immer auch ein Zirkus gewesen.
In seinem Begrüßungsdialog erläuterte er die Parallelen. „Hier wie dort treten Akrobaten, Seiltänzer, Trapezkünstler, Jongleure und Magier auf. Sie jonglieren mit Worten, machen dazwischen den dummen August oder besserwisserischen Weißclown, turnen am Trapez hoch über den Köpfen der Besucher, arbeiten mit Illusionen, balancieren mit Bilanzen, lassen leere Tassen tanzen und üben als Dompteure den Spagat zwischen auseinanderlaufenden Katzen“, so Jürgen Hestler in einem Anflug von Selbstironie.
Ganz bewusst habe man diese Form der Jubiläumsfeier gewählt. Die SPD habe sich immer als eine große Zirkusfamilie verstanden „mit Stars und Sternchen und solchen, die hinter den Kulissen bescheiden und engagiert die Arbeit machen“. Deshalb sei ein Familiennachmittag in des Wortes doppelter Bedeutung auch der richtige Rahmen für eine Jubiläumsfeier der ältesten Partei Deutschlands und der ältesten sozialdemokratischen Partei der Welt.
Der Korber SPD-Vorsitzende Jürgen Klotz hatte den Kontakt zum Familienzirkus Piccolo geknüpft und diesen bewogen eine Sondervorstellung für die SPD zu geben.
Die SPD habe –so Jürgen Hestler- im Politzirkus oft die Rolle des Clowns übernommen, „die Rolle jenes inneren Kindes der Politik, das sich aufmüpfig gegen das Fertigmachen sträubt, das nie resigniert, immer Klartext redet und das durch Bewußtseinserheiterung auch zur Bewußtseinserweiterung beiträgt.“ Dieser kämpferische Kern der Sozialdemokratie sei nach wie vor wach. Die SPD werde wie vor 150 Jahren stets für „Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit“ in der Welt ein- und aufstehen.
Zahlreiche Logengäste waren erschienen. Sie wurden nach ihrem Verhältnis zur guten alten Tante SPD befragt. Der Bundestagsabgeordnete und „Programmverkäufer“ Christian Lange beschreibt dieses als „ganz ganz eng“. Er stamme aus einfachen Verhältnissen und habe in der Familie erfahren, was die sozialdemokratische Uridee „Aufstieg durch Bildung“ bedeute. Der andere Programmverkäufer, der Bundestagskandidat im Wahlkreis Waiblingen Alexander Bauer, erinnert an den Tag der Bücherverbrennung vor 80 Jahren, einer Zeit in der viele Kinder der Tante SPD zu Opfern geworden sein. Logengast Katrin Altpeter, als Sozialministerin des Landes auch für Seniorenpolitik zuständig, empfiehlt der Tante SPD „aktivierende Pflege“ und die Verdi-Vorsitzende und stellvertretende SPD-Chefin Leni Breymaier lobt die Tante SPD ob ihres Einsatzes für Frauenwahlrecht und die Wahrung der Grundrechte. Die Vizepräsidentin des Landtages Brigitte Lösch von den Grünen fühlte sich nach wie vor der SPD-Familie verbunden und der erste Kreisvorsitzende der SPD-Rems-Murr nach der Gebietsreform, Rainer Brechtken empfahl seiner Tante SPD, doch “mit mehr Stolz und Selbstbewusstsein“ in den Bundestagswahlkampf zu gehen.
Die Sondervorstellung der „echten“ Artisten begeisterte. Seiltänzer, Trapezakrobaten, „Vertikaltuchartisten“, Jongleure, „Gummimenschen“ , Pferdeakrobaten und Reifenvirtuosen zeigten ihr Können. Der Backnanger Landtagsabgeordnete Gernot Gruber durfte sich in der Manege in die Kunst der Stuhlakrobatik einweisen lassen. Sehr zum Ergötzen des Backnanger Oberbürgermeister Nopper.
Es war wie bei einer richtigen Familienfeier. Die kleinen Kinder übten und vergnügten sich –oft unter den wohlwollenden Blicken von Oma und Opa- beim Mitmach-Zirkus im „richtigen“ Zirkuszelt, die großen Kinder tauschten Erinnerungen aus, begrüßten neue Familienmitglieder und übten sich in der Kunst des Politisierens. Es gab Rote zum Essen und zum Anfassen. Und es gab viel zu bereden.
Und dass wenigstens für einen Tag auf der Spitze des Zirkuszeltes weit sichtbar die SPD-Fahne wehte, war Gesprächsanlass genug. Die Zirkusluft an diesem Tag war rot.