10. Lichtmessempfang der SPD-Rems-Murr im Weissacher Bürgerhaus
von Jürgen Hestler
Dr. Volker Hauff in seiner Lichtmessrede: "Nachhaltigkeit wird das spannende Thema des 21. Jahrhunderts"
aus BKZ v. 7.2.2012
Langfristiges Handeln setzt langfristiges Denken voraus
Bundesminister a.D. Volker Hauff hielt bei der Rems-Murr-SPD eindrucksvolle Lichtmessrede
Zu ihrem 10. Lichtmessempfang hatte die SPD Rems-Murr ins Bürgerhaus nach Unterweissach eingeladen. Der ehemalige Bundesminister Dr. Volker Hauff hielt dort eine eindrucksvolle Rede zum Thema Nachhaltigkeit. Für ebenso deutliche musikalische Akzente sorgte der lokale Liedermacher Stefan Wolters.
„Nachhaltigkeit wird das spannende Thema des 21. Jahrhunderts“
Von Mathias Klink
WEISSACH IM TAL. Proppenvoll war’s im Bürgerhaus, als SPD-Kreisvorsitzender Jürgen Hestler zum Lichtmessempfang begrüßte. So voll, dass ein aus Backnang angereister Besucher scherzhaft von der „Wärmestube der SPD“ sprach. Launige Erkenntnisse aus Bauernregeln zum namengebenden Anlass des Treffens sowie deren mögliche Auswirkungen stellte „Lichtmessologe“ Hestler in den Mittelpunkt seiner kurzweiligen Begrüßungsrede. Wobei er erwähnenswerte farbpsychologische und historische Betrachtungen zu diesem „Tag der kleinen Leute“, der Neuorientierung oder der Besinnung ebenfalls nicht außer Acht ließ. Zu einer politisch-poetischen Reise durch die Welt des Lichtmesstages lud Stefan Wolters mit fünf Liedern ein. Sich selbst als Proletariersohn charakterisierend, bezeichnete der gebürtige Rheinländer namentlich das tiefsinnige Stück „Kopf oder Zahl“ als persönlichen Beitrag zur neuerlichen Programmdiskussion.
Nach Hestlers Worten ebenfalls aus dem rheinländischen Exil in seine schwäbische Heimat zurückgekehrt, sprach Volker Hauff zum Thema Nachhaltigkeit. Fast zehn Jahre lang war der ehemalige Forschungsminister im Kabinett Schmidt Vorsitzender im Rat für Nachhaltigkeit der Bundesregierung gewesen. Nachhaltigkeit sei in aller Munde, betonte der gebürtige Backnanger gleich zu Beginn seines Vortrags, was er mit zahlreichen Beispielen belegen konnte. Aufgrund der dennoch widersprüchlichen Lage und fehlendem persönlichen Engagement prognostizierte Hauff indes einen langen Lernprozess. „Man muss bei sich selber anfangen“, war er sich sicher. „Nachhaltigkeit verlangt an das Ende zu denken“, betonte er angesichts endlicher Ressourcen, gebotener Fairness und Zukunftsfähigkeit. Nur so sei man auf dem richtigen Weg. Hauff ermahnte, den Blick für Künftiges zu behalten. „Es tut sich was“, stellte er jedoch hinsichtlich einer positiven Trendstudie zum Thema Nachhaltigkeit fest. Dass der Slogan „Geiz ist geil“ an seine Grenzen stoße, untermauerte er mit dem Beispiel der Firma Schlecker.
Bezüglich Veränderungen etwa zum Thema Energiewende sei die Erinnerung und Besinnung auf frühere Grundwerte wichtig. „Die Situation ist alles andere als klar“, erläuterte der Politiker jedoch hinsichtlich momentaner grundlegender Umwälzungen wie dem demografischen Wandel oder der Klimapolitik. „Nachhaltigkeit wird das spannende Thema des 21. Jahrhunderts werden“, lautet daher seine Überzeugung. Sie habe mit langfristigem Handeln zu tun, welches langfristiges Denken voraussetze. Von einer positiven Entwicklung in diese Richtung sei man heute jedoch noch weit entfernt. „Vieles läuft schief“, so Hauff, wofür er eindrucksvolle Beispiele der Herausforderungen anführte. Visionen seien gefragt, die sich in der praktischen Politik bewähren. Nicht nur angesichts einer „neuen Unterschicht“ oder dem gegenwärtigen Finanzsystem sprach er von „harten Proben“ und stellte abschließend ein Dilemma vor Augen, in dem ein immenser Wohlstand einem brüchigen Wohlbefinden gegenüberstehe. „Die Aufgabe ist groß“, lautete Hauffs Resümee nach einem drastischen Zitat vom Erfinder des Weltwirtschaftsforums Klaus Schwab. Chancen und Konflikte zur Thematik der Nachhaltigkeit, aber auch der Punkt Finanzmarkttransaktionssteuer wurde von Christian Lange in seinem Dankeswort kurz angerissen. Wie bereits Hauff rief auch das Bundestagsmitglied abschließend dazu auf, den Worten schließlich Taten folgen zu lassen.
Anmerkungen zum Haushalt 2012
Sehr geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen im Gemeinderat,
sehr geehrte Gäste,
Ich bin eine schwäbische Hausfrau!
Und ich fühle mich geehrt und ernstgenommen von unserer Bundeskanzlerin Angela Merkel, die am 2. November diesen Jahres in Cannes bei der internationalen Pressekonferenz mit Nikolas Sarkozy zum griechischen Referendum sagte:
„Die schwäbische Hausfrau ist ein Vertreter einer schönen Region Deutschlands, in der man dazu neigt nicht mehr Geld auszugeben als man eingenommen hat.“
Wenn sich die schwäbische Gemeinde Weissach im Tal bei der Aufstellung ihres Haushaltsplanes ausschließlich an diese Grundregel schwäbischen Wirtschaftens gehalten hätte, sähe der Plan wohl anders aus, denn wir leben über unsere Verhältnisse!
Nun ist es aber so, dass auch schwäbische Familien von Zeit zu Zeit, aus gutem Grund, mehr Geld ausgeben als sie vorher eingenommen haben. Dies dann, wenn sie beispielsweise investieren, wenn sie also neue Werte schaffen wollen.
Auf die Gemeinde übertragen bedeutet dies, dass im Jahr 2012 die Konzessionsverträge auslaufen. Und jetzt muss man sich Gedanken machen, wie es in punkto Stromversorgung weitergehen soll. Die Gemeinde denkt über diese Fragestellung schon länger und sehr intensiv nach. Eine Möglichkeit ist es, das Stromnetz selbst zu übernehmen und die Stromversorgung eigenständig zu organisieren, so wie es ja auch mit der Wasserversorgung gut klappt.
Das bedeutet natürlich, außer der Lösung vieler juristischen Fragen, auch eine gewaltige Investitionssumme. Dass die Gemeinde aber durchaus darüber nachdenkt, diese Aufgabe anzugehen, zeigt, dass notwendige Gelder, immerhin als erste Charge, die Summe von 200.000€ im Haushaltsplan eingestellt wurden. Trotz aller möglichen Probleme, die mit dieser Netzübernahme und der Stromversorgung zusammenhängen, denke ich, dass es gut und richtig ist, sich dieser Problematik zu stellen. Das heißt nicht, dass die perfekte Lösung bereits gefunden ist. Es bedeutet, dass wir im kommenden Jahr noch viele Diskussionsrunden haben werden, um das Für und Wider, die Vor- und Nachteile zu beleuchten, um dann hoffentlich zu einem alle überzeugenden Ergebnis zu kommen. Ein einfaches „Weiter so“, wie es verschiedene Kommunen bereits abgestimmt haben, ist sicher die am wenigsten überzeugende Lösung.
Eine weitere Möglichkeit, die die schwäbische Familie, respektive ihre Finanzchefin, hat, um nicht mehr auszugeben als sie hat, ist es, regelmäßige Ausgaben daraufhin zu überdenken, ob es nicht vielleicht auch sparsamer geht.
Übertragen auf die Gemeinde denke ich da an die Möglichkeit, die Qualität, den Standard angebotener Leistungen zu überprüfen und gegebenenfalls zu senken.
Was muss nicht heißen muss, Leistungen einzustellen.
Lassen Sie mich das am Beispiel der Mittagsessenfrage für die Kindergarten- und Schulkinder in Weissach zeigen.
Seit Jahren bauen wir die Betreuungsmöglichkeiten aus. Dieser Dienst wird von der betroffenen Bevölkerung gut angenommen, er stellt inzwischen sogar einen weichen Standortfaktor für die Bedeutung und die Beliebtheit der Gemeinde dar.
Zu einer Betreuung der Kinder über mehr als 6 Stunden und erst recht für eine Ganztagsbetreuung, gehört auch, selbstverständlich, die Versorgung der Kinder mit einer geeigneten Mahlzeit am Mittag. Natürlich gibt es die für die Weissacher Kinder!
Aber wie sieht es da genau aus: die Grundschule in Unterweissach und die Kindergärten werden mit fertigem Essen eines auswärtigen Caterers versorgt, nur die Kinder im Kindergarten am Marktplatz werden selbst bekocht, die Schüler im BIZE essen seit Jahrzehnten ein erwärmtes Tiefkühlmenu. Und in Oberweissach wird täglich frisch mit regionalen Produkten gekocht. Dieses Essen ist natürlich das beste und das beliebteste! Und das teuerste!
Warum ist es so teuer? Die Zutaten sind sicher nicht der Belastungsfaktor des Haushaltes, es sind, wie meist, die Personalkosten.
Nun sollen wir dieses wunderbare Essen aber nicht einfach abschaffen und die Kinder hungern lassen. Sondern es stellt sich vielmehr die Frage, wie kann man die Kosten so senken, dass der Haushalt sie tragen kann und gleichzeitig die Ungleichbehandlung mit den anderen Kindern in der Gemeinde aufgehoben wird. Denn trotz höchst unterschiedlicher Qualität bezahlen alle Kinder für das Essen den gleichen Betrag. Eine Quadratur des Kreises! Gibt es Synergieeffekte?
Warum nicht alle Kinder gleich und für die meisten mit besserer Qualität versorgen? Wir könnten uns durchaus vorstellen, dass das BIZE zum Versorgungszentrum wird. Natürlich würde es dort eine Erstinvestition bedeuten, nämlich den Einbau einer Küche, aber damit ließen sich dann nicht nur die dortigen Schüler versorgen, es könnten auch die Kinder der Grundschule - am besten gleich dort vor Ort! - ihr Mittagessen einnehmen. Ein kurzer Weg von der Grundschule zum BIZE ist in einer einstündigen Mittagspause gut zu bewältigen und fördert gleich die Verdauung und die Bewegung. Außerdem könnten die Grundschüler dann auch gleich ihre zukünftige Schule aus einem erfreulichen, einem kulinarischen Aspekt kennenlernen, was sicher gut für die Akzeptanz wäre! Für die anderen Kinder, für die der Weg ins BIZE zu weit ist, käme Essen-auf-Rädern in Frage, wie bereits jetzt, nur in eigener Regie, mit Personal, das bei so vielen Essern richtig ausgelastet wäre, so dass die Kosten für das einzelne Essen geringer ausfielen. Und vielleicht könnte das Versorgungszentrum Bildungszentrum auch Kindergärten und Grundschulen der Zweckverbandsgemeinden und auch die Beschäftigten im Rathaus beliefern. Natürlich sind dies im Moment erst Gedankenspiele, aber genau so geht ja auch die schwäbische Hausfrau an die Lösung ihrer Finanzprobleme heran.
Wie bereits erwähnt, stellt die frühkindliche Betreuung einen nicht zu unterschätzenden Standortvorteil dar. Die Gemeinde Weissach hat sich schon früh aufgemacht, den Eltern unterschiedlichste Möglichkeiten anzubieten. Der Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab dem dritten Geburtstag ist inzwischen keiner Erwähnung mehr wert, er ist pure Selbstverständlichkeit! Weissach ist schon viel weiter: der für 2020 angedachte Anspruch auf Ganztagsbetreuung ist hier schon auf dem Weg. Und das aus eigenem Antrieb und mit eigenen Mitteln! Einfach, weil hier die Einsicht herrscht, dass für Kinder ausgegebenes Geld gut angelegtes Geld ist. Für das kommende Jahr erhalten wir nun deutliche Unterstützung vom Land. Die neue Regierung in Stuttgart hat ebenfalls erkannt, dass es wichtig ist, in Kinder zu investieren, dass es wichtig ist, jungen Eltern eine Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu ermöglichen. Und so spült eine warme Quelle immerhin 217.000€ zusätzlich in die Betreuungskasse des Jahres 2012. Und für 2013 wird dieser Betrag noch erhöht, bis ab 2014 das Land 68% der Betriebskosten für die Kleinkindbetreuung übernehmen wird. Ministerpräsident Kretschmann sagte dazu, dass diese prozentuale Beteiligung den Kommunen im Land Planungssicherheit bringen solle, damit ein dynamischer Ausbau im Land erfolgen könne. Und wir mit unseren fertigen Plänen in der Schublade, wir können loslegen und gleichzeitig unsere eigenen Ressourcen schonen.
Bei den Beratungen zum Haushalt des Jahres 2012 wurde auch „Liebgewonnenes“ angesprochen, also Ausgaben für Dinge, die nicht notwendig aber wünschenswert sind, und die deshalb auch schon immer gewährt wurden. Wenn ich mir da die Seiten 261 und 262 im vorliegenden Planwerk anschaue, stoße ich auf Eintragungen für “Ehrungen im Kulturellen Bereich“ für 500€ oder „Förderung des DRK“ mit ebenfalls 500€. Das sind sicher nicht die Beträge, die die Deckung des Haushalts verhindern. Schon anders sieht es aus mit der „unentgeltlichen Benutzung von Räumen durch Vereine und Organisationen“. Aber bei dem dabei genannten Betrag handelt es sich ja nicht um reale Kosten, sondern um Durchlaufposten. Die Räume wurden geschaffen, um eben diesen Vereinen und Organisationen die Möglichkeit zu geben, für die Weissacher Bevölkerung, und dabei sind in diesem Bereich ganz besonders viele Kinder, sportliche oder kulturelle Betätigung anzubieten. Und damit unterstützen wir ja wieder die Kinderbetreuung!
Hätten wir für das Jahr 2012 größere bauliche Investitionen vor, dann gäbe es sicher eine Menge Möglichkeiten zu sparen und das Niveau zu reduzieren.
Für 2012 gibt es aber keine solchen Pläne.
Also was tun? Sparen allein geht nicht mehr. Standard senken im baulichen Bereich in diesem Jahr auch nicht. Alle Freiwilligkeitsleistungen sind Leistungen im sozialen Bereich. Da müssen wir die Bürger fragen: Was wollt Ihr? Wo soll, wo muss gestrichen werden? Und was ist mit Leistungen an Bürger, die diese gar nicht brauchen? Denn darüber sind wir uns doch sicher alle einig, dass wir allen Bürgern, die Hilfe brauchen, diese auch gewähren wollen!
Bleibt nur die bittere Erkenntnis, dass für das Jahr 2012 ein Haushaltsplan akzeptiert werden muss, der nicht durch entsprechende Einnahmen gedeckt ist, sondern sich über eventuelle Kredite ausgleichen muss. Herr Bürgermeister, Sie haben in Ihrer Rede hervorgehoben, dass viele der geplanten Ausgaben geringer sein könnten als vorhergesagt, dass also die eventuellen Kredite nicht aufgenommen werden müssen. Wir werden Sie bei diesem, Ihrem Sparwillen begleiten und Sie und das Gremium gelegentlich daran erinnern!
Bleibt mir noch, mich bei allen zu bedanken, die sich auch in diesem Jahr wieder für das Wohl unserer Gemeinde eingesetzt haben: bei Ihnen, Herr Bürgermeister Schölzel mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Rathaus und im Bauhof, bei allen Beschäftigten in den Kindergärten und Schulen, bei den vielen ehrenamtlichen Kräften, bei den Vereinen. Ohne Sie alle wäre Weissach nicht das, was es heute darstellt: eine ausgesprochen liebens- und lebenswerte Gemeinde in einer wunderbaren Region in Schwaben!
Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushaltsplan für das Jahr 2012 zu.
Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.